Clara mit konzentriertem Blick und in fortgeschrittener Yoga-Position beim Bewegungsschach. 
 
Und so schnell sind drei Tage wieder rum! Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause konnten wir endlich wieder ein U14-Schach-Pfingstcamp ausrichten. Es war mit 20 teilnehmenden Kindern und Jugendlichen quantitativ so gut besetzt wie nie zuvor, darunter 11 Kinder der SG Niederkassel und der Rest aus Porz, Bad Godesberg, Troisdorf und Erftstadt. Dabei machten auch so viele Mädchen wie nie zuvor mit, immerhin fünf, was mich persönlich am meisten gefreut hat. Es wären sogar noch mehr gewesen, hätten sich die bereits angemeldeten Porzer Mädchen Greta Brand und Franziska Göb nicht "dummerweise" ;-) für die zeitgleich stattfindende Deutsche Einzelmeisterschaft U14w qualifiziert. Durch das Mondorfer Strandfest, das wie jedes Jahr zeitgleich stattfand, waren die morgendlichen Anlieferungen von Materialien, Essen und Kindern etwas erschwert, aber die vielen Buden und Fahrgeschäfte, die man zuweilen auch durch das offene Fenster während des Trainings auditorisch und olfaktorisch wahrnahm, boten zugleich den verführerischen Anreiz, abends nach dem Camp am Mondorfer Strand noch etwas die Seele baumeln zu lassen. Die Wiese hinter dem Schachheim war ebenso frisch gemäht wie die Wiese am Rhein, so dass nicht nur für das Schach, sondern auch für das Pausen- und Rahmenprogramm mit Fußball und Schach-Bewegungsspielen alles angerichtet war. Leider war die Begeisterung für Fußball nicht bei allen Kindern gleichermaßen vorhanden, so dass wir unseren Plan änderten, am ersten Tag bereits beide Rahmenprogramme parallel anboten und am zweiten Tag statt der geplanten Bewegungsspiele ein Tandemturnier ausrichteten, was sich angesichts des Unwetters und Starkregens im Nachhinein als sehr gute Entscheidung erwies. Trainiert wurde in drei Gruppen mit den Trainern FM Udo Käser, Carsten Stanetzek und mir. In Niederkassel wird alles zur Chefsache gemacht, da trainieren der Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende noch selbst! Und letzterer muss über seine eigene Veranstaltung als Pressewart auch noch berichten. Im Schach gibt es traditionsgemäß halt keine Gewaltenteilung, da ist man mangels hinreichend vieler ehrenamtlicher Mitstreiter*innen oft Legislative, Exekutive und Judikative in einer Person. Sechs Trainingseinheiten an den beiden Vormittagen stellten für die zum Teil sehr jungen Teilnehmer*innen (die jüngsten Kinder waren sechs Jahre alt!) eine echte Herausforderung an die Konzentration und Kondition dar. So sehnten sich trotz allen Spaßes an den Aufgaben die Kinder nach 3 1/2 Stunden Hardcore-Schach gegen 12:30 Uhr doch etwas nach der Mittagspause, die hauptverantwortlich von Trude Engels gestaltet wurde. Trude kochte an allen drei Tagen, das gab es auch noch nie! Salate, Fleisch, Gemüse, Nudeln mit x verschiedenen Soßen, sogar Spargel - es gab wirklich alles in bemerkenswerter Vielfalt und Qualität. Wahnsinn, mein allergrößter Dank ist dir gewiss, liebe Trude! Beim Essen zerfiel die Gruppe in zwei Teile: solche, die gar kein Fleisch essen, so wie ich, und solche, die nur (!) Fleisch essen. Aber so oder so wurden alle satt und glücklich. Auch nachmittags sorgten frisch gebackene, gespendete und gekaufte Kuchen, Plätzen und sonstige Knabbereien dafür, dass niemand verhungerte. Bemerkenswert war für mich, dass auch Sofia die ganze Zeit am Schachcamp teilnahm. Sofia ist erst vor wenigen Wochen aus der Ukraine geflüchtet mit ihrer Mutter, wohnt in Müllekoven, ist erst acht Jahre alt und spricht praktisch kein Wort deutsch. Hand auf's Herz: Wer von euch hätte im Alter von acht Jahren in einem völlig fremden Land an einem Schachcamp teilgenommen, bei dem man kein Wort versteht? Genau, niemand. Und daher verdient so viel Mut einfach auch einmal großen Respekt. Carsten konnte mir ihr über Google Translator kommunizieren, während ich mit meinen rund 200 Wörtern Ukrainisch und rudimentären Grammatikkenntnissen versuchte ein bisschen Konversation aufzubauen. Ich lerne diese schwierige Sprache seit ein paar Wochen mit Hilfe von Duolingo, um in meinem Training und beim Bonner Matheclub Sofia und anderen ukrainischen Kinder wenigstens ein bisschen das Gefühl von Sicherheit zu geben. Das ursprünglich nicht geplante Tandemturnier am Sonntag gewannen übrigens Manuel und Jakob vor den beiden gemeinsam auf Platz 2 gelandeten Teams Simon/Miro und Anwar/Matti. Am dritten Tag fand dann das richtige Schnellschachturnier statt: sieben Runden Schweizer System mit 15 Minuten Bedenkzeit, wie immer souverän geleitet von Alexander Kneutgen. Und dieses Mal gab es sogar richtig fette Preise zu gewinnen: Für die drei Erstplatzierten immerhin Gutscheine vom Schachversand Niggemann in einer Höhe von 50, 30 und 20 Euro. An den oberen Brettern war das Niveau durchaus hoch, mindestens auf dem Niveau einer Jugend-Mittelrheinmeisterschaft. Es gewann Anwar Tibi vom Godesberger SK mit 6 aus 7 vor der Überraschungszweiten Helen Ihle (5.5/7) aus unserem Verein und Kevin Rattay (5.5/7) vom 1. SK Troisdorf. Die weiteren Platzierungen nahmen Irene Siegel (Porz, 5/7), Jakob Cordier (Erftstadt, 4.5/7), Miro Pennartz (Niederkassel), Clara Brandt (Porz), Geburtstagskind Manuel Sander (Erftstadt), Florian Geisler und Simon Hartmann (beide Niederkassel), alle mit 4/7, ein. 
 
<liedzitat>Hey, hey, hey, hier kommt Alex! Vorhang auf für seine Horr... nee, Superhow! Es gibt keinen, der sich dagegen wehrt. Nur ein paar Jugendliche sind frustriert.</liedzitat> Naja, manche haben sich doch gewehrt. Immerhin gab es einen Sieg und vier Unentschieden für unsere Talente!
 
Danach stellte sich Alexander Kneutgen, einer der Spitzenspieler unserer zweiten Mannschaft, einem Simultankampf gegen die 20 Kinder. Dadurch, dass Alex naturgemäß eher strategisch und mit weniger Risiko spielt, dauerten die Partien sehr lange. Aber die Kinder konnten dank Jakob wenigstens eine Partie gewinnen. Herzlichen Glückwunsch! Weitere vier Partien endeten Remis, wobei einige auch einfach bei materiellem Gleichstand in faktischer (aufgrund von mehr Erfahrung in Endspielen) Gewinnstellung für Alex abgebrochen wurden, damit wir auf Wunsch der Kinder noch ein zweites Tandemturnier spielen konnten. Dieses gewannen Anwar/Jonas vor allen anderen, DWZ-mäßig (in der Summe) zumeist deutlich überlegenen Teams - dank sehr guter Absprachen. Welche Figuren werden vom Mitspieler gerade benötigt? Wer soll die Zeit runterlaufen lassen? Tandem ist eben ein Mannschaftssport und da gewinnen nicht zwangsläufig die beiden besten Einzelspieler*innen! Dahinter landeten Manuel/Philip und Simon/Helen punktgleich auf Platz 2. Nach Beendigung des Turniers kamen auch schon die ersten Eltern, um ihre erschöpften, aber auch überglücklichen Kinder abzuholen. Ob es im nächsten Jahr eine Fortsetzung geben wird, behalte ich mir noch vor, weiß ich wirklich noch nicht. Simon kann nicht mehr mitspielen und wir wollen als Familie vielleicht ja auch mal was anderes an Pfingsten machen. So oder so haben uns allen die tollen Erfahrungen wieder einmal gezeigt: Es lohnt sich. Die fröhlichen Kinder erfüllen einen mit Stolz und großem Glück. Ich bedanke mich noch einmal ganz herzlich bei allen Kindern, Eltern, Betreuer*innen, Trainern, der Köchin und dem Turnierleiter! Hervorheben möchte ich auch Johannes, der im Vorfeld alle Getränke einkaufte, beim Aufbau half und bis zum Schluss noch mit mir aufräumte und putzte. Gegen 19:30 Uhr war alles geschafft. Es sind solche großartigen Erlebnisse wie das Pfingstcamp und die vielen Niederkasseler Kinder und Jugendlichen, die uns optimistisch nach vorne schauen lassen. Wer noch mehr Eindrücke erhalten oder konservieren will: Hier gibt es noch weitere Fotos.